Walter Benjamin

Sommersemester 2017

Es geht das Gerücht um, dass ab Ende der siebziger Jahre in der Bundesrepublik zu keiner Person mehr geisteswissenschaftliche Dissertationen geschrieben wurden als zu Walter Benjamin. Nachdem deswegen spätestens ab den späten neunziger Jahren das Werk Benjamins als überforscht galt und mit dem Benjamin-Handbuch und der Biografie von Jean-Michel Palmier auch eine gewisse Bündelung und ein scheinbarer Abschluss der Forschung gefunden zu sein scheint, bleibt Benjamin dennoch einer der wichtigsten und faszinierendsten Denker des letzten Jahrhunderts. Ihn einen Kultur- oder Medientheoretiker, einen Geschichtsphilosophen oder Literaturkritiker zu nennen, ihn in das jüdische Denken einzuordnen oder ihn als Marxisten oder Protodekonstruktivisten zu bezeichnen, greift in jedem Fall zu kurz. Gerade aus dieser Offenheit seines Denkens für unterschiedlichste Verständnisse speist sich die bleibende Wichtigkeit seiner Überlegungen.

In diesem Seminar werden wir einige zentrale Texte Walter Benjamins lesen, um einen Überblick über sein Werk zu erhalten und den Benjamin’schen Denkstil kennen zu lernen, der den Blick auf’s ganz Kleine und auf das historisch dem Vergessen uneigende richten konnte wie niemand anderes – und der damit für die Kulturwissenschaft relevant bleibt wie kaum ein anderer Denker.

Abbildung: Andreas Gehrlach: Walter Benjamin: Gesammelte Schriften, 2017.