Faulheit als Kulturtechnik

Sommersemester 2017

Faulheit als eine Kulturtechnik zu betrachten, klingt zunächst kontraintuitiv: Wie könnte etwas, das so entschieden durch ein Nichthandeln bestimmt ist, eine Technik brauchen? Sicherlich ist Faulheit aber tatsächlich mehr als reine Verweigerung, und vor allem ist sie eine Tätigkeit mit einer breiteren – und etwas paradoxerweise auch angestrengteren – Theoriegeschichte als man auf den ersten Blick annehmen sollte. Im Seminar werden wir die relevanten Theoretiker der Faulheit wie Paul Lafargue, Friedrich Nietzsche, Bertrand Russell, Herbert Marcuse, Ivan Illich, Oscar Wilde und Samuel Johnson lesen und versuchen, auch antike Theorieansätze wie diejenigen Epikurs und Diogenes’ von Sinope und volkstümliche und literarische Formen der Faulheit und ihrer Affirmation wie das Schlaraffenland oder Gontscharows »Oblomow« zu berücksichtigen. Es soll aber auch die Arbeitskritik der post-68’er und die neueren Überlegungen zur Arbeitsverweigerung (David Graeber, Patrick Spät, Haus Bartleby) zu Wort kommen können und die Prokrastination als die vielleicht neueste und selbstverständlich pathologisierte Form der Faulheit ihre Aufmerksamkeit finden. (Praxiselemente sind im Seminar nicht vorgesehen.)

Abbildung: Sebastian Schrader: Oblomow 2, 2012, Öl auf Leinwand, 90x80cm.